QUITTENBAUM GALLERY Munich
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MAN MACHINE LAB , 2024
The SALON series
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The LABORATORY series
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INTERVIEW (deutsch) with DANIEL KRAUS about the exhibition
KI ist ein beherrschendes Thema unserer Zeit. Inwiefern benutzt Du KI in Deinen Arbeiten
und was bezweckt diese Vorgehensweise?
DK: Das Faszinierende an Bild-erzeugender KI ist, dass hier aus Sprache (fotografische) Bilder
entstehen. Für einen Fotografen ist das ein geradezu unerhörter Vorgang. Mit einem Text-Prompt
können visuelle Artefakte erzeugt werden, die die Ideen hinter unserer sprachlichen Formulierung
wiedergeben. Natürlich ist ein erfolgreiches Ergebnis im Sinne des Autoren abhängig von der
Qualität des sprachlichen Codes und der Reaktion des mit Daten trainierten KI-Modells. Das
heißt, hier findet ein Lernprozess von beiden Seiten statt, der im Workflow zu sehr
überraschenden Ergebnissen führen kann.
In meinem Arbeitsprozess wende ich dabei Sprache auf von mir bereits digital bearbeitete und
abstrahierte Fotografie an. Mich interessiert, wie KI als Daten-Verknüpfungspool auf mein
vorgegebenes Bild im Sinne des Text-Prompts reagiert. Dabei kann es sein, dass in diesem
Anpassen von Sprache und Bildauswahl ein weiterführendes Thema entsteht, das ich dann
systematisch vorantreibe.
Bei der Arbeit mit KI-Modellen stellt sich die Frage nach der Autorenschaft von Mensch und
Maschine und wessen Leistung am Ende urheberrechtlich relevant ist. Wie ist das im Bezug
zu Deinen Arbeiten zu werten?
DK: Ich würde noch nicht von Intelligenz bei rechnerischen Prozessen auf Basis eines gelernten
Datensatzes sprechen. Das unendlich fortsetzbare Sampling von Datensätzen in Kombination mit
Sprache ist zunächst nur eine Welt der Optionen, in der auch viel Mist generiert wird.
Mitentscheidend für meine Arbeit ist neben dem Kuratieren brauchbarer Bildergebnisse auch
deren Weiterverarbeitung. Die generierten Bilder fungieren dabei natürlich auch als
überraschende, Ideen gebende Impulse. Da sich in der Vielfalt der errechneten Bildfindungen aber
keine qualitative Entscheidung abzeichnet, sehe ich die Autorenschaft absolut beim Menschen.
Worin besteht die Schwierigkeit, bildgebende KI in Deiner Arbeit einzusetzen?
DK: Zunächst einmal referiert KI über sich selbst, da der Werkprozess neu und ungewohnt ist. In
meinen Arbeiten gibt es aber auch die zeitgenössischen Themen, die letztlich im Bild behandelt
werden. Die Abgrenzung von dieser Selbstreferenzialität des Mediums und dem inhaltlichen
Thema durch mich als Autor erscheint mir als größte Schwierigkeit. Für KI ist die inhaltliche
Relevanz völlig egal, für mich als Autor nicht. Ich betrachte Bildgeneratoren als ergänzendes Tool
auf dem Weg zu meinen Bildfindungen.
Du sprichst bei Deinen Werkserien von Begriffen wie Naturverlust und menschlicher
Selbstwahrnehmung. Was hat es damit auf sich?
DK: In der Serie, die ich „Paradise Me Now“ nenne, ist der Betrachter mit bühnenhaften Szenerien
konfrontiert, die letztlich die Frage nach dem Paradies stellen. Ist es verloren, gibt es ein solches
Szenario überhaupt? Ein idyllisches, gewaltfreies Miteinander in einer intakten Natur? Die
Protagonisten auf diesen Bühnen sind Zwitterwesen aus Mensch und Tier und versuchen sich
selbst in ihren Begrenzungen und ihrem Dominanzverhalten wahrzunehmen. Die Frage ist,
inwieweit da Illustration von Gedanken im Spiel ist, oder ob die abstrakte Deformation durch KI
unmittelbare archaische Gefühle anspricht.
The PARADISE ME NOW series
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Die sich formal unterscheidende Serie „Toy Blaster“ packt starkfarbige Formen und Figuren
in Raster, die Du auch als Cluster bezeichnest. Was hat es damit auf sich?
DK: Ich habe lange Zeit an Bildern gearbeitet, die ich „Dancefloor Variations“ genannt habe.
Ursprung dieser Bildserie war ein nächtliches Architekturfoto, das ich in Las Vegas gemacht habe.
In einem farbig beleuchteten Gebäude mit ovalen Fenstern spiegeln sich die
Reflexe der Umgebung. Aus diesem Raster habe ich anschließend abstrakte Bildkompositionen
erstellt, die sich auf mehreren Ebenen durchdringen. Da es sich hier im Ergebnis aber nur um
abstrakte mäandernde Räume handelte, wollte ich über Sprache dieser Dynamik noch eine
weitere inhaltliche Komponente hinzufügen. Als dann die terroristischen Angriffe auf Festival- und
Konzertveranstaltungen erfolgten, hat sich dieses Thema von „Ekstase die in eine Katastrophe
umschlägt“, verfestigt. Allerdings kann ich das emotional nur auf einer Spielzeugebene
verhandeln. Die Waffe spielt eine große Rolle in diesen Bildern. Als Tod bringender Fetisch in einer
Realität von Konflikten und Krieg geriert sie bei mir zum Spielzeug. Indem ich sie in Clustern
ornamental behandle, nehme ich ihr die Ernsthaftigkeit und forme sie zur zeitgenössischen
Blumentapete um. Das wird dann in den PVC-Tischdeckenobjekten real: Der bürgerliche
Gartentisch hat seine kitschige Unschuld an eine zeitgemäßere Waffenästhetik verloren.
The TOY BLASTER series
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Gun Table Clothes
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In der Arbeit „The Grand Lab“ laufen in einer artifiziellen Laborsituation unbestimmte
Prozesse ab. Spiegelt das die Verunsicherung durch Angst vor Kontrollverlust in unserer
Zeit wider?
DK: „The Grand Lab“ ist Sinnbild für die Wahrnehmung immer komplexerer Abläufe durch unsere
Gesellschaft. Der Eindruck, fremdbestimmte Abläufe nicht mehr zur durchblicken und einer
Hightech-Maschinerie künstlicher Intelligenz ausgeliefert zu sein, führt zu großer Verunsicherung.
In diesem Labor führt der Prozess zu keinen anderen Ergebnis als sich selbst zu genügen und
verweist damit nur auf seine Ästhetik.
In welchem Zusammenhang steht „La Modernité“?
DK: Dieser Kopf, der gerade aus mehrschichtigen „Perlenrastern“ entsteht, entspringt dem naiven
Gedanken, den rechnerischen KI-Prozess als quasi analoges Bild zu erfassen. Die Illusion eines
menschlichen Gesichts wird in einer Art Baukasten zusammengesetzt. Das Ergebnis ist eine
hypnotische Göttin der modernen Bilderfindung, die ihre Genese offenbart.
La Modernité
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Während in den farbigen Arbeiten noch eine gewisse Leichtigkeit zu spüren ist, überwiegt in
den Salon- und Atelier-Darstellungen eine eher dystopische Anmutung. Ist dies eine Vision
vom Ende des künstlerischen Schaffens im traditionellen Raum?
DK: Interessanterweise sind diese Raumarchitekturen aus verschiedenen abstrakten
Flammenbildern entstanden. Phönix aus der Asche sozusagen.
Der ursprüngliche Raum mit seiner Fluchtperspektive ist bereits im Foto als Blick in einen Ofen
angelegt. Über die Text-Prompt Steuerung gelange ich zu diesen fragmentierten musealen
Innenräumen, die von einer sich verändernden Bildkultur sprechen.
Dem Verfall veränderter Produktions- und Präsentationsräume stehen fantastische Gebilde
entgegen, die den Raum für sich beanspruchen und auf ein Weiterleben (des Bildes) in anderer
Form hindeuten. „Exposition“ ist nur scheinbar das Ende einer Ausstellung. Auf abgeblätterten
Wänden und aus zusammengeräumten Materialresten entsteht ein spannender neuer Raum von
Bild- und Objektwahrnehmung. Also durchaus keine dystopische Betrachtung, eher eine
Reflexion neuer Möglichkeiten.
Wie würde ein abschließendes Fazit dieser Werkserien und Beschreibungen bezüglich KI
aussehen? Und wie ist eine immer perfektere, an die fotografische Wirklichkeit angelehnte,
Bildgenerierung durch KI zu bewerten?
DK: Die Perfektion in der Imitation fotografischer Wirklichkeit durch KI ist für meine Arbeit nicht
relevant. In der Fehlerhaftigkeit der Ergebnisse von KI in Anwendung auf meine Texte und Bilder
ergeben sich überraschende Möglichkeiten, die zu konzentrierten Ergebnissen, inhaltlich wie
formal, führen können. Die größte Faszination der Bildgenerierung geht für mich von der unendlich
fortsetzbaren Versuchsreihe aus und dem Zusatz von Sprache als bildgebendem Tool. In letzter
Instanz entscheidet aber der Mensch über die Relevanz eines Bildes im Bezug zu seiner eigenen
Realität.
© DANIEL KRAUS, 2024
FORM UND FREIHEIT , 2021-2023
Shuttle
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Buoy
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Space Ships
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Exhibition Views
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